Encrochat, ein ehemals sicher geglaubter Krypto-Messengerdienst, wurde 2020 von niederländischen und französischen Ermittlern entschlüsselt. Die daraus gewonnenen Daten führten zu umfangreichen Ermittlungen und Festnahmen. Doch wie steht es um die rechtliche Verwertbarkeit dieser Daten in Deutschland? Dieser Artikel beleuchtet die Hintergründe, Gerichtsentscheidungen und offenen Fragen.
Encrochat wurde von kriminellen Netzwerken weltweit genutzt, insbesondere zur Koordination illegaler Aktivitäten wie Waffen- und Drogenhandel. Die Entschlüsselung des Dienstes durch französische Ermittler, die Spyware auf den Geräten installierten, ermöglichte es, verschlüsselte Chats in Echtzeit mitzulesen.
Die Ermittlungsergebnisse führten europaweit zu über 6.500 Festnahmen sowie zur Beschlagnahmung von:
Die Operation gilt als eine der erfolgreichsten Maßnahmen gegen organisierte Kriminalität.
Ein zentraler Streitpunkt ist die Frage, ob die in Frankreich und den Niederlanden gewonnenen Daten in Deutschland rechtlich verwertbar sind. Viele Strafverteidiger argumentieren, dass diese Daten unter einem Beweisverwertungsverbot stehen, da sie auf eine Weise gewonnen wurden, die mit deutschem Recht unvereinbar ist.
Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied jedoch, dass die Nutzung der Encrochat-Daten im Rahmen deutscher Strafverfahren zulässig ist. Die Entscheidung stützte sich darauf, dass die Verwertung der Daten nicht gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Beschuldigten verstoße.
Zusätzlich bestätigte der Europäische Gerichtshof (EuGH) im April 2024 die Verwertbarkeit der Daten, auch wenn sie nicht vollständig mit deutschen Rechtsnormen im Einklang stehen.
Das Bundesverfassungsgericht folgte der Linie der vorherigen Gerichte und sah die Verwertung der Encrochat-Daten als verhältnismäßig an. Es stellte klar, dass kein allgemeines Beweisverwertungsverbot für möglicherweise rechtswidrig erlangte Daten besteht. Dies sei stets eine Frage des Einzelfalls.
Trotz dieser Entscheidungen sind noch mehrere Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht anhängig. Es bleibt abzuwarten, ob in bestimmten Einzelfällen ein Beweisverwertungsverbot geltend gemacht werden könnte. Der bisherige Tenor der Gerichtsentscheidungen deutet jedoch darauf hin, dass Encrochat-Daten in Strafverfahren grundsätzlich verwertbar sind.
Neben Encrochat wurden auch andere verschlüsselte Kommunikationsdienste von Behörden infiltriert. Zu den bekanntesten zählen ANOM und SkyECC
Seit 2019 wurde der Messengerdienst ANOM heimlich vom FBI überwacht. Dies führte zu hunderten Festnahmen und der Sicherstellung großer Mengen an Drogen. Die Überwachung wurde erst später öffentlich gemacht.
SkyECC, ein Dienst mit hunderttausenden Nutzern, wurde von europäischen Ermittlungsbehörden infiltriert. Durch die Überwachung gelang es, erhebliche Drogenfunde zu machen, darunter mehr als 16 Tonnen Kokain im Hamburger Hafen.
Die Entschlüsselung von Encrochat und anderen Diensten zeigt, dass es keine absolute Sicherheit in der digitalen Kommunikation gibt. Auch hoch verschlüsselte Dienste können durch Behörden überwacht oder infiltriert werden.
Viele Krypto-Messengerdienste warben mit verschlüsselten Nachrichten und der Möglichkeit, Daten auf Knopfdruck zu löschen. Dennoch wurden Sicherheitslücken entdeckt, die Ermittlern den Zugang ermöglichten. Diese Lecks wurden meist erst spät von den Unternehmen erkannt.
Da die Kommunikation über ausländische Server läuft, besteht immer die Möglichkeit, dass Nachrichten durch Behörden im In- und Ausland abgefangen werden. Die jüngsten Gerichtsentscheidungen verdeutlichen zudem, dass die Rechtslage in Deutschland allein nicht entscheidend dafür ist, ob solche Daten verwertet werden können.
Die Encrochat-Ermittlungen haben nicht nur einen bedeutenden Schlag gegen die organisierte Kriminalität dargestellt, sondern auch neue rechtliche Fragen aufgeworfen. Die bisherige Rechtsprechung deutet darauf hin, dass Encrochat-Daten in Strafverfahren grundsätzlich verwertbar sind, auch wenn ihre Gewinnung nicht vollständig mit deutschem Recht vereinbar ist. Zukünftige Entscheidungen, insbesondere des Bundesverfassungsgerichts, könnten jedoch weitere Klarheit schaffen.
Für die Zukunft bleibt festzuhalten: Absolute Sicherheit in der digitalen Kommunikation ist eine Illusion, und internationale Zusammenarbeit zwischen Ermittlungsbehörden wird weiterhin eine entscheidende Rolle spielen.
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