§ 35 BtMG – Zurückstellung der Strafvollstreckung

Wann kann die Strafvollstreckung zurückgestellt werden?

Das Betäubungsmittelstrafrecht ist im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) geregelt. Da verschiedene Delikte (zum Beispiel Diebstahl, Erschleichen von Leistungen) häufig von Personen verübt werden, die eine Suchtproblematik aufweisen und sich so den eigenen Konsum finanzieren wollen, enthält § 35 BtMG eine Regelung, die die Zurückstellung der Strafe aufgrund von Therapie („Therapie statt Strafe“) ermöglicht:

Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz - BtMG) § 35 Zurückstellung der Strafvollstreckung

(1) Ist jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren verurteilt worden und ergibt sich aus den Urteilsgründen oder steht sonst fest, daß er die Tat auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat, so kann die Vollstreckungsbehörde mit Zustimmung des Gerichts des ersten Rechtszuges die Vollstreckung der Strafe, eines Strafrestes oder der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für längstens zwei Jahre zurückstellen, wenn der Verurteilte sich wegen seiner Abhängigkeit in einer seiner Rehabilitation dienenden Behandlung befindet oder zusagt, sich einer solchen zu unterziehen, und deren Beginn gewährleistet ist. Als Behandlung gilt auch der Aufenthalt in einer staatlich anerkannten Einrichtung, die dazu dient, die Abhängigkeit zu beheben oder einer erneuten Abhängigkeit entgegenzuwirken.

 

(2) Gegen die Verweigerung der Zustimmung durch das Gericht des ersten Rechtszuges steht der Vollstreckungsbehörde die Beschwerde nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Buches der Strafprozeßordnung zu. Der Verurteilte kann die Verweigerung dieser Zustimmung nur zusammen mit der Ablehnung der Zurückstellung durch die Vollstreckungsbehörde nach den §§ 23 bis 30 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz anfechten. Das Oberlandesgericht entscheidet in diesem Falle auch über die Verweigerung der Zustimmung; es kann die Zustimmung selbst erteilen.

Was sind die Voraussetzungen für die Anwendung des § 35 BtMG?

Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich, dass folgende Voraussetzungen zur Anwendung des § 35 BtMG vorliegen müssen:

 

  1. Rechtskräftige Verurteilung zu nicht mehr als zwei Jahren Freiheitsstrafe: Dies bedeutet, dass gegen das Urteil kein Rechtsmittel (Berufung oder Revision) eingelegt werden kann und die Gesamtstrafe nicht über zwei Jahren Freiheitsstrafe liegen darf.
  2. Straftat aufgrund von Betäubungsmittelabhängigkeit: bei Begehung der Tat muss der Täter von Betäubungsmitteln abhängig gewesen sein. Dabei muss die Abhängigkeit die Ursache für die Tat darstellen (zum Beispiel Diebstahl zur Finanzierung der Sucht als „Beschaffungskriminalität“).
  3. Der Rehabilitation dienende Behandlung: Die verurteilte Person muss sich also zum Beispiel einer ambulanten oder stationären Therapie unterziehen.
  4. Therapiebereitschaft: Der Verurteile muss dazu bereit sein, sich wirklich in Therapie zu begeben. Dabei spielt es keine Rolle, dass der Täter ggf. schon erfolglos in Therapie war oder wieder rückfällig geworden ist. Es geht allein um die Bereitschaft, sich erneut in Behandlung zu begeben.
  5. Zustimmung des Gerichts: Zwingende Voraussetzung für das Modell „Therapie statt Strafe“ ist die Zustimmung des Gerichts. Sollte dieses die Zustimmung verweigern, besteht für die Vollstreckungsbehörde die Möglichkeit, gegen die Entscheidung Beschwerde einzulegen.

Was passiert, wenn die Freiheitsstrafe höher als zwei Jahre ist?

„Therapie statt Strafe“ ist auch anwendbar, wenn auf eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren erkannt worden ist und ein zu vollstreckender Rest der Freiheitsstrafe oder der Gesamtfreiheitsstrafe zwei Jahre nicht übersteigt. Dies ergibt sich aus § 35 Abs. 3 Nr. 2 BtmG.

Muss der Verurteilte nach der Therapie in Haft?

36 BtMG sieht die Möglichkeit vor, dass die Zeit, die der Betroffene in Therapie verbracht hat, auf die Haftzeit anzurechnen ist. Dies bedeutet, dass der Verurteilte unter Umständen gar keine Zeit im Gefängnis verbringen muss, da der Rest der Strafe ab Erreichen der Zwei-Drittel-Grenze in der Regel zu Bewährung ausgesetzt wird.

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