Die Polizei verfügt im Rahmen ihrer Ermittlungsarbeit über weitreichende Befugnisse zur Aufklärung von Straftaten und Sicherung von Beweismaterial. Dabei können auch Zwangsmaßnahmen zum Einsatz kommen, die tief in die Grundrechte von Beschuldigten eingreifen. Doch welche Maßnahmen sind tatsächlich zulässig, und wo liegen die rechtlichen Grenzen?
Zwangsmaßnahmen sind staatliche Eingriffe in die persönliche Freiheit oder körperliche Unversehrtheit eines Menschen. Sie dürfen nur auf gesetzlicher Grundlage und unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit erfolgen. Besonders relevant ist hierbei § 81b Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO), der es Polizeibeamten erlaubt, erkennungsdienstliche Maßnahmen wie die Aufnahme von Lichtbildern oder die Abnahme von Fingerabdrücken auch gegen den Willen des Betroffenen durchzuführen, wenn dies zur Durchführung eines Strafverfahrens erforderlich ist.
Eine der umstrittensten Fragen im Strafprozessrecht ist, ob die Polizei die zwangsweise Entsperrung eines Smartphones mittels Fingerabdrucks oder Face ID (Gesichtserkennung) vornehmen darf.
In einem aktuellen Fall entdeckten Polizisten im Rahmen einer Wohnungsdurchsuchung ein Smartphone, dessen Besitzer sich weigerte, es per Fingerabdruck oder Face ID zu entsperren. Die Beamten fixierten daraufhin den Mann und legten seinen Finger zwangsweise auf den Sensor des Geräts. In ähnlichen Fällen wurde berichtet, dass Verdächtige gegen ihren Willen vor die Kamera gehalten wurden, um Face ID zu aktivieren. Der Betroffene leistete heftigen Widerstand und wurde später wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB) verurteilt.
Das Oberlandesgericht Bremen bestätigte mit Beschluss vom 08.01.2025 (Az. 1 ORs 26/24) die Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens. Es argumentierte, dass die Nutzung eines Fingerabdrucks oder Face ID zur Entsperrung eines Mobiltelefons eine “ähnliche Maßnahme” darstellt, die mit anderen erkennungsdienstlichen Behandlungen vergleichbar sei.
Ein zentraler Punkt ist der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit (nemo tenetur se ipsum accusare), der besagt, dass niemand gezwungen werden darf, sich selbst zu belasten. Dieser Grundsatz erstreckt sich jedoch nicht auf biometrische Daten, da diese unabhängig vom Willen des Beschuldigten existieren.
Wenn die Polizei also den Finger zwangsweise auf den Sensor legt oder das Gesicht vor einen Gesichtsscanner hält, wird die Person nicht zu einer aktiven Handlung gezwungen. Es besteht lediglich eine passive Duldungspflicht, vergleichbar mit der Abnahme eines Fingerabdrucks oder einer Blutprobe. Wer sich dagegen wehrt, kann sich nach § 113 StGB strafbar machen.
Jede polizeiliche Zwangsmaßnahme muss verhältnismäßig sein. Das bedeutet:
Ein wichtiger Unterschied besteht zwischen biometrischen Entsperrmethoden (Fingerabdruck, Face ID) und numerischen Passwörtern oder PINs. Niemand ist verpflichtet, der Polizei seine PIN oder sein Passwort mitzuteilen. Dies fällt unter das verfassungsrechtlich garantierte Recht auf Selbstbelastungsfreiheit.
Da die meisten Smartphones nach einem Neustart die Eingabe einer PIN erfordern, kann es ratsam sein, das Gerät vor einer möglichen Durchsuchung auszuschalten. Dadurch kann verhindert werden, dass die Polizei es zwangsweise per Fingerabdruck oder Face ID entsperrt.
Der rechtliche Rahmen für die polizeiliche Entsperrung von Smartphones befindet sich in einem Graubereich. Während biometrische Daten als zulässiges Beweismittel gelten, schützt das Recht auf Selbstbelastungsfreiheit die Preisgabe von Passwörtern. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung in Zukunft weiterentwickelt.
Unsere Rechtsanwälte sind auf das Strafrecht spezialisiert. Als Strafverteidiger und Anwälte stehen wir Ihnen diskret in Ihrem Strafverfahren zur Seite.
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