Telefonüberwachung nach § 100a StPO im Strafrecht

Die Telekommunikationsüberwachung i.S.d § 100a StPO stellt die Überwachung der unverschlüsselten Nachrichtenübermittlung zur Ermittlung schwerer Straftaten dar.

Voraussetzungen der Telekommunikationsüberwachung

Die Überwachung des Telefons ist meist verbunden mit einem Grundrechtseingriff in den Art. 10 GG. Dieser hält fest, dass das Briefgeheimnis, sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis unverletzlich ist. Aufgrund dessen sind besondere Voraussetzungen an die Ermächtigungsgrundlage zu stellen. Die Voraussetzungen für eine Telekommunikationsüberwachung im Sinne des § 100a StPO sind im Einzelnen:

1. Anordnungsbefugnis

Die Anordnung der Telekommunikationsüberwachung geschieht grundsätzlich nach Antrag der Staatsanwaltschaft durch das Gericht. Bei Gefahr im Verzug, d. h. wenn die Verzögerung durch das Warten auf den richterlichen Beschluss die Maßnahme gefährden würde, darf im Ausnahmefall auch die Staatsanwaltschaft die Telefonüberwachung anordnen. Diese Anordnung tritt jedoch nach 3 Tagen außer Kraft, sofern kein richterlicher Beschluss eingeholt wird. Grundsätzlich gilt die Anordnung für einen Zeitraum von 3 Monaten, § 100e Abs. 1 S. 4 StPO.

2. Kernschutzbereich

Ferner müssten Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dass die sich aus der Überwachung zu ergebenden Erkenntnisse lediglich aus dem Bereich privater Lebensgestaltung erlangt werden könnten.

3. Vorliegen eines Tatverdachts

Diese Voraussetzung meint, dass es nicht ausreicht, wenn eine bloße Vermutung vorliegt. Vielmehr muss ein erhöhter Verdachtsgrad bestehen, was die mehr als unerhebliche, hinreichende Tatsachenbasis meint.

4. Katalogtat

Aufgrund der besonders hohen Anforderungen wegen der Grundrechtsverletzung, sind in Abs. 2 des § 100a StPO konkrete Straftatbestände aufgelistet, welche abschließend festhalten, ich welchen Fällen eine Telekommunikationsüberwachung stattfinden darf.

5. Einzelfallbestimmung

Außerdem muss im konkreten Einzelfall festgestellt werden, dass der Verdacht bzgl. der zu ermittelnden Tat schwer wiegt.

6. Subsidiarität

Die Telefonüberwachung darf außerdem nur stattfinden, wenn die Aufklärung auf andere Weise erschwert oder aussichtslos wäre. Es müssten zunächst mildere, also weniger eingreifende Maßnahmen gewählt werden, wobei dem Anordnenden hierbei ein weiter Beurteilungsspielraum zugutekommt.

7. Verhältnismäßigkeit

8. Betroffenheit der Person

Grundsätzlich von der Telefonüberwachung betroffen sind konkret tatverdächtige Personen. Die zu überwachende Person ist demnach Täter oder Teilnehmer einer der in Abs. 2 aufgeführten Taten. Auch Dritte können jedoch von einer Telekommunikationsüberwachung betroffen sein, wenn diese als Nachrichtenmittler für den Beschuldigten agieren.

§ 100a StPO - Telekommunikationsüberwachung

(…)

(2) Schwere Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 sind:

  1. aus dem Strafgesetzbuch:
  2. a) Straftaten des Friedensverrats, des Hochverrats und der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates sowie des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit nach den §§ 80a bis 82, 84 bis 86, 87 bis 89a, 89c Absatz 1 bis 4, 94 bis 100a,
  3. b) Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern nach § 108e,
  4. c) Straftaten gegen die Landesverteidigung nach den §§ 109d bis 109h,
  5. d) Straftaten gegen die öffentliche Ordnung nach § 127 Absatz 3 und 4 sowie den §§ 129 bis 130,
  6. e) Geld- und Wertzeichenfälschung nach den §§ 146 und 151, jeweils auch in Verbindung mit § 152, sowie nach § 152a Abs. 3 und § 152b Abs. 1 bis 4,
  7. f) Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in den Fällen der §§ 176, 176c, 176d und, unter den in § 177 Absatz 6 Satz 2 Nummer 2 genannten Voraussetzungen, des § 177,
  8. g) Verbreitung, Erwerb und Besitz kinder- und jugendpornographischer Inhalte nach § 184b, § 184c Absatz 2,
  9. h) Mord und Totschlag nach den §§ 211 und 212,
  10. i) Straftaten gegen die persönliche Freiheit nach den §§ 232, 232a Absatz 1 bis 5, den §§ 232b, 233 Absatz 2, den §§ 233a, 234, 234a, 239a und 239b,
  11. j) Bandendiebstahl nach § 244 Abs. 1 Nr. 2, Wohnungseinbruchdiebstahl nach § 244Absatz 4 und schwerer Bandendiebstahl nach § 244a,
  12. k) Straftaten des Raubes und der Erpressung nach den §§ 249 bis 255,
  13. l) gewerbsmäßige Hehlerei, Bandenhehlerei und gewerbsmäßige Bandenhehlerei nach den §§ 260 und 260a,
  14. m) Geldwäsche nach § 261, wenn die Vortat eine der in den Nummern 1 bis 11 genannten schweren Straftaten ist,
  15. n) Betrug und Computerbetrug unter den in § 263 Abs. 3 Satz 2 genannten Voraussetzungen und im Falle des § 263 Abs. 5, jeweils auch in Verbindung mit § 263a Abs. 2,
  16. o) Subventionsbetrug unter den in § 264 Abs. 2 Satz 2 genannten Voraussetzungen und im Falle des § 264 Abs. 3 in Verbindung mit § 263 Abs. 5,
  17. p) Sportwettbetrug und Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben unter den in § 265e Satz 2 genannten Voraussetzungen,
  18. q) Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt unter den in § 266a Absatz 4 Satz 2 Nummer 4 genannten Voraussetzungen,
  19. r) Straftaten der Urkundenfälschung unter den in § 267 Abs. 3 Satz 2 genannten Voraussetzungen und im Fall des § 267 Abs. 4, jeweils auch in Verbindung mit § 268 Abs. 5 oder § 269 Abs. 3, sowie nach § 275 Abs. 2 und § 276 Abs. 2,
  20. s) Bankrott unter den in § 283a Satz 2 genannten Voraussetzungen,
  21. t) Straftaten gegen den Wettbewerb nach § 298 und, unter den in § 300 Satz 2 genannten Voraussetzungen, nach § 299,
  22. u) gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c, 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 3, des § 309 Abs. 1 bis 4, des § 310 Abs. 1, der §§ 313, 314, 315 Abs. 3, des § 315b Abs. 3 sowie der §§ 316a und 316c,
  23. v) Bestechlichkeit und Bestechung nach den §§ 332 und 334,
  24. aus der Abgabenordnung:
  25. a) Steuerhinterziehung unter den in § 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 genannten Voraussetzungen, sofern der Täter als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach § 370 Absatz 1 verbunden hat, handelt, oder unter den in § 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 5 genannten Voraussetzungen,
  26. b) gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel nach § 373,
  27. c) Steuerhehlerei im Falle des § 374 Abs. 2,
  28. aus dem Anti-Doping-Gesetz:

Straftaten nach § 4 Absatz 4 Nummer 2 Buchstabe b,

  1. aus dem Asylgesetz:
  2. a) Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84 Abs. 3,
  3. b) gewerbs- und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84a,
  4. aus dem Aufenthaltsgesetz:
  5. a) Einschleusen von Ausländern nach § 96 Abs. 2,
  6. b) Einschleusen mit Todesfolge und gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen nach § 97,

            5a.       aus dem Ausgangsstoffgesetz:

Straftaten nach § 13 Absatz 3,

  1. aus dem Außenwirtschaftsgesetz:

vorsätzliche Straftaten nach den §§ 17 und 18 des Außenwirtschaftsgesetzes,

  1. aus dem Betäubungsmittelgesetz:
  2. a) Straftaten nach einer in § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen,
  3. b) Straftaten nach den §§ 29a, 30 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 sowie den §§ 30a und 30b,
  4. aus dem Grundstoffüberwachungsgesetz:

Straftaten nach § 19 Abs. 1 unter den in § 19 Abs. 3 Satz 2 genannten Voraussetzungen,

  1. aus dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen:
  2. a) Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3 und § 20 Abs. 1 und 2 sowie § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21,
  3. b) Straftaten nach § 22a Abs. 1 bis 3,

            9a.       aus dem Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz:

Straftaten nach § 4 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe a,

  1. aus dem Völkerstrafgesetzbuch:
  2. a) Völkermord nach § 6,
  3. b) Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach § 7,
  4. c) Kriegsverbrechen nach den §§ 8 bis 12,
  5. d) Verbrechen der Aggression nach § 13,
  6. aus dem Waffengesetz:
  7. a) Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3,
  8. b) Straftaten nach § 52 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Buchstabe c und d sowie Abs. 5 und 6.

Weiteres: Zufallsfund

Ferner anzumerken ist, dass die nachträgliche Mitteilung bzgl. der Telekommunikationsüberwachung gem. § 101 IV Nr. 3 StPO erforderlich ist. Falls es im Rahmen der Überwachung Zufallsfunde gibt, so dürfen diese Informationen nur verwertet werden, wenn die Maßnahme bzgl. des Zufallsfundes auch hätte angeordnet werden dürfen. Die im Nachhinein möglichen Rechtsmittel gegen die Telekommunikationsüberwachung finden sich in § 101 StPO. Nach § 100a StPO anfallende Überwachungen sind nach § 101 Abs. 7 S. 2 StPO der Rechtmäßigkeit nach auf Antrag des Betroffenen überprüfbar.

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