Encrochat

Encrochat – was bedeutet das?

Seit Anfang 2021 häufen sich die sogenannten „EncroChat-Verfahren“ an verschiedenen Gerichten in Deutschland. Worum geht es in diesen Verfahren?

 

Hintergrund: EncroChat war in Telekommunikationsanbieter, der sog. Krypto-Handys anbot. Dies bedeutet, dass die Geräte eine spezielle end-to-end-Verschlüsselung aufweisen (wie zum Beispiel auch What’s App). Der Nachrichtenmessenger sollte demzufolge nicht durch Behörden (insbesondere die Polizei) überwacht werden können.

 

Dementsprechend wurde EncroChat auch durch Mitglieder krimineller Netzwerke genutzt, um Straftaten zu Planen und diese auch durchzuführen. Dabei ging es insbesondere um (internationalen) Drogen- und Waffenhandel. Im Jahr 2020 wurde EncroChat durch die euorpäische Polizeibehörde Europol infiltriert, sodass die Chat-Daten abgegriffen werden konnten. Dies geschah durch die Installation sogenannter Malware, welche auf den Endgeräten installiert wurde. So gelang es den Behörden trotz der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, die Gesprächsverläufe mitzulesen und zu überwachen.

 

Im Ergebnis wurden zehntausende Ermittlungsverfahren gegen Beschuldigte eingeleitet sowie enorme Mengen Betäubungsmittel, Schusswaffen und Bargeld sichergestellt.

Malware – was ist das?

Grundsätzlich ist Malware eine Software, die dazu dient, andere Geräte (unbemerkterweise) zu infiltrieren. Der Hauptzweck ist dabei, auf die Daten des Gerätes zuzugreifen. Dies gilt auch für die sich auf dem Mobilgerät befindlichen Dateien und Apps, die so ausgelesen werden können. Malware wird häufig durch Links in E-Mails oder SMS verschickt. Beim Klicken auf den Link installiert sich die Software meist unbemerkt. Sie wird sowohl von kriminellen Netzwerken als auch den Strafverfolgungsbehörden eingesetzt.

Sind die Erkenntnisse aus den EncroChat-Ermittlungen in Deutschland verwertbar?

Seit Beginn der EncroChat-Verfahren beschäftigen deutsche Gerichte auch die Frage, ob die Erkenntnisse aus denen in Frankreich geführten Ermittlungen auch in Deutschland vor Gericht verwertbar sind oder ob ein Beweisverwertungsverbot vorliegen könnte. Ein solches kann vorliegen, wenn die zur Verfügung stehenden Beweise durch die Behörden rechtswidrig erlangt worden sind.

 

In Deutschland ist die Überwachung der Telekommunikation (TKÜ) nur mit richterlichem Beschluss erlaubt. Die §§ 101 a StPO ff. regeln die verschiedenen Arten der Überwachung. In § 100e StPO ist der Richtervorbehalt geregelt:

§ 100e StPO: Verfahren bei Maßnahmen nach den §§ 100a bis 100c

(1) Maßnahmen nach § 100a dürfen nur auf Antrag der Staatsanwaltschaft durch das Gericht angeordnet werden. Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung auch durch die Staatsanwaltschaft getroffen werden. Soweit die Anordnung der Staatsanwaltschaft nicht binnen drei Werktagen von dem Gericht bestätigt wird, tritt sie außer Kraft. Die Anordnung ist auf höchstens drei Monate zu befristen. Eine Verlängerung um jeweils nicht mehr als drei Monate ist zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnung unter Berücksichtigung der gewonnenen Ermittlungsergebnisse fortbestehen.

 

(…)

 

 

Derartige Anordnungen lagen in den o. g. Überwachungen durch die französischen Behörden nicht vor. Es ist weiterhin streitig, ob das Bundeskriminalamt (BKA) bereits zuvor von der Überwachung wusste oder lediglich die daraus gewonnenen Erkenntnisse zugespielt bekommen hat.

 

Das Landgericht Berlin hat in einer Entscheidung ein Bewertungsverbot aufgrund schwerer Rechtsverstöße bejaht. Diese Entscheidung wurde vom Kammergericht Berlin im August 2021 aufgehoben.

 

Im März 2022 entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass die aus den Ermittlungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse verwertbar seien. Zum aktuellen Zeitpunkt sind Verfahren gegen die Verwertbarkeit der Ergebnisse anhängig vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR).

 

In Deutschland laufen schätzungsweise über 3000 Ermittlungsverfahren gegen Beschuldigte in EncroChat-Verfahren.

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