Grundsätzlich endet in Deutschland ein Strafverfahren mit der Einlegung der Revision. Wenn darüber entschieden wurde, ist das Urteil rechtskräftig. Die Strafprozessordnung sieht jedoch die Möglichkeit eines Wiederaufnahmeverfahrens vor, dieses ist an strenge Voraussetzungen geknüpft. Die Wiederaufnahme kann dabei zugunsten oder auch zuungunsten des Verurteilten erfolgen. Zugunsten kann ein Strafverfahren erneut aufgenommen werden, wenn zum Beispiel neue Beweise oder Tatsachen beigebracht werden, die eine mildere Bestrafung oder einen Freispruch des Verurteilten wahrscheinlich machen.
Wichtig dabei ist, dass es sich um neue Informationen handeln muss, die nicht bereits vorher Eingang in das Strafverfahren hatten. Darüber hinaus gibt es weitere Möglichkeiten, die Wiederaufnahme des Verfahrens zu erreichen. Genaueres regelt § 359 StPO.
Die Erfolgschance, die Wiederaufnahme des Verfahrens zu erreichen, ist sehr niedrig und liegt in der Praxis bei etwa 3%.
Im Grundgesetz ist in Artikel 103 Abs. 3 geregelt, dass niemand wegen derselben Tat doppelt bestraft werden darf (Grundsatz „ne bis in idem“). Dies bedeutet zugleich auch, dass niemand wegen derselben Tat zweimal angeklagt werden darf.
Aufgrund einer Reform des Bundestages im Jahr 2021 ist es seitdem leichter möglich, dass Verfahren dennoch auch zuungunsten des Verurteilten wieder aufzunehmen.
Die Voraussetzungen sind in § 362 StPO geregelt:
Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zuungunsten des Angeklagten ist zulässig,
Die Gesetzesänderung im Jahr 2021 erfolgte auch Initiative des Vaters eines Mädchens, das in den 1980er Oper eines Sexualmordes wurde. Die Polizei konnte damals einen Tatverdächtigen ermitteln, der vor Gericht zunächst schuldig gesprochen wurde. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf, in der neuen Verhandlung vor dem Landgericht wurde der Tatverdächtige freigesprochen.
Etwa 20 Jahre später konnten DNA-Spuren ausgewertet werden, die den Tatverdächtigen erheblich belasteten. Eine Wiederaufnahme des Verfahrens war zum damaligen Zeitpunkt jedoch aufgrund eines fehlenden Geständnisses des Tatverdächtigen nicht möglich. Nach einer Petition des Vaters der Ermordeten kam es schlussendlich zur Gesetzesänderung im Jahr 2021, die die Wiederaufnahme aufgrund des Tatbestandes „Mord“ grundsätzlich ermöglichte.
Das Landgericht Verden erklärte im Jahr 2022 die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen den Tatverdächtigen für zulässig, derzeit läuft gegen diese Entscheidung eine Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Entscheidung steht noch aus, allerdings lässt das Bundesverfassungsgericht verlauten, dass Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes bestehen könnten.
Unsere Anwälte aus Bochum sind auf das Strafrecht spezialisiert. Als Strafverteidiger und Rechtsanwälte stehen wir Ihnen diskret in Ihrem Strafverfahren zur Seite.
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