Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB

Das Gericht kann neben der Verurteilung zu einer Strafe die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB anordnen.

Hierbei handelt es sich um eine Maßregel, die der Besserung und Sicherung des Täters dienen soll. Ziel der Unterbringung ist also einerseits die Allgemeinheit vor erneuten, abhängigkeitsbedingten Straftaten des Täters zu schützen und andererseits die Therapie des Täters.

Die Voraussetzungen der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt finden sich in § 64 StGB.

Dort heißt es:

„Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.“

Es müssen damit also folgende Voraussetzungen vorliegen:

  1. Hang zum übermäßigen Konsum von Rauschmitteln
  2. Hangbedingte rechtswidrige Anlasstat
  3. Gefahrprognose
  4. Erfolgsaussicht

Hang zum übermäßigen Konsum von Rauschmitteln

Zunächst ist ein Hang zum übermäßigen Konsum von Rauschmitteln festzustellen. Maßgeblicher Zeitpunkt ist nicht die Tatzeit, sondern die Aburteilung.

Berauschende Mittel im Sinne des § 64 StGB

Rauschmittel im Sinne des § 64 kann jede Substanz sein, die geeignet ist, Rauschzustände hervorzurufen. Auf eine Illegalität kommt es hierbei nicht an. 

In der Praxis geht es hier regelmäßig um Alkohol, Drogen oder Medikamente.

Hang

Ein Hang ist in der Regel gegeben, wenn eine den Täter treibende oder beherrschende Neigung besteht, das Rauschmittel immer wieder in einem Umfang zu konsumieren, durch den Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit mehr als nur unerheblich beeinträchtigt werden. Es genügt entweder eine körperliche oder psychische Abhängigkeit. Neben einem dauerhaften übermäßigen Konsum ist danach zumindest erforderlich, dass der Täter aufgrund seiner Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint.

Der Hang ist abzugrenzen von der Neigung zum Rauschmittel-Missbrauch. Ein gelegentlicher oder häufiger Rauschmittelkonsum sowie die Begehung von Straftaten im Rausch reichen damit nicht aus.

Indizien für einen Hang bzw. einen Konsum im Übermaß sind insbesondere:

  • Persönlichkeitsverfall (Deprivation)
  • Beeinträchtigung der Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit
  • Soziale Gefährdung oder soziale Gefährlichkeit
  • Kontrollverlust über den Konsum
  • Substitutionsbehandlung
  • Beschaffungskriminalität

Hangbedingte rechtswidrige Anlasstat

Auch muss eine hangbedingte rechtswidrige Anlasstat vorliegen. Die Tat muss entweder im Rausch begangen worden sein oder auf den Hang des Täters zurückgehen. Es muss also ein symptomatischer Zusammenhang zwischen der Tat und dem Hang bestehen.

Ein solcher Zusammenhang liegt nahe bei Taten zur Rauschmittelerlangung für den Eigenkonsum oder dessen Finanzierung.

Beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln kann wiederum der symptomatische Zusammenhang fehlen, wenn das Handeltreiben alleine der Finanzierung des allgemeinen Lebensbedarfs dient.

Gefahrprognose

Des Weiteren muss die Gefahr bestehen, dass der Täter zumindest auch infolge seines Hangs erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Es muss hierbei eine begründete bzw. naheliegende Wahrscheinlichkeit vorliegen.

Insbesondere, wenn gewichtige Verstöße gegen das BtMG zu erwarten sind, ist die Unterbringung regelmäßig gerechtfertigt. Auch mit erheblicher Gewaltanwendung verbundene Widerstandshandlungen (z.B. § 113 StGB) überschreiten die Grenze zur Erheblichkeit.

Bagatelltaten (z.B. gewalt- und drohungsfreie Beleidigungen, Hausfriedensbruch in öffentlichen Gebäuden oder geringfügige Diebstähle) scheiden hingegen in der Regel aus.

Erfolgsaussicht

Anordnung und Vollzug der Maßregel setzen die konkrete Aussicht voraus, die süchtige Person zu heilen oder über eine erhebliche Zeitspanne vor einem Rückfall in den Rauschmittelkonsum zu bewahren.

Erforderlich ist die Prognose, dass bei erfolgreichem Verlauf die Gefährlichkeit aufgehoben oder deutlich herabgesetzt wird und, dass sich in Persönlichkeit und Lebensumständen des Täters konkrete Anhaltspunkte finden, die einen solchen Verlauf erwarten lassen.

Fehlen von Therapiewilligkeit ist lediglich ein gegen die Erfolgsaussicht sprechendes Indiz. Ausdrückliche Therapiebereitschaft spricht in der Regel für eine konkrete Erfolgsaussicht.

Dauer der Unterbringung

Die Unterbringung nach § 64 StGB ist gem. § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich auf zwei Jahre befristet.

Wenn daneben eine Freiheitsstrafe verhängt wurde und die Maßregel vor der Freiheitsstrafe vollzogen wird, verlängert sich diese Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit eine Anrechnung des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe erfolgt (sog. Verlängerte Höchstfrist). Eine Anrechnung kann erfolgen bis zwei Drittel der Strafe erledigt sind.

Damit keine übermäßig lange Behandlungsdauer folgt, sollen die Gerichte bei einer daneben verhängten Freiheitsstrafe von über drei Jahren einen Teil der Strafe vor der Maßregel vollziehen lassen (Vorwegvollzug).

Das Gericht kann jederzeit überprüfen, ob der Maßregelvollzug zur Bewährung ausgesetzt oder für erledigt erklärt werden muss.

Das Gericht muss allerdings mindestens alle sechs Monate die Unterbringung überprüfen.

Ist das Gericht der Ansicht, dass die Behandlung im Maßregelvollzug voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, wird der Rest der Strafe in einer JVA vollzogen.

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